Morton Feldman: Three Voices
Konzert am Samstag, 19. September 2015, 17 Uhr, im Kunsthaus Bregenz

Große, intensiv farbige Bildfelder breiten sich an den grauen Betonwände des Kunsthaus Bregenz aus: Es sind die Werke von Joan Mitchell, deren stimmungsvolle Präsenz in ein außergewöhnliches Konzert einfließen. Das Werk: Morton Feldmans Three Voices. Die Akteure: Manuela Klöckner-Marseglia und zwei Lautsprecher. Aus dem Blickfeld, ins Unbewußte gezogen, die Tontechnik.
Der Raum im zweiten Stock des Museums füllt sich, zusätzliche Klappstühle werden herbeigeschafft. Mancher Besucher kam wegen der Ausstellung und ist nun neugierig auf das Konzert geworden. Diese Neugierde steigert sich mit der einführenden Rede durch KUB Direktor Thomas D. Trummer. In seiner Werkeinführung erläutert Direktor Trummer den Besuchern unter anderem die enge Verbundenheit des Komponisten zur bildenden Kunst. So hat Feldman sein anspruchsvolles Werk im Jahre 1982 als Nachruf auf zwei seiner Weggefährten, die Maler Philip Guston und Frank O´Hara – ebenfalls Freunde von Joan Mitchell – geschrieben. Als textliche Grundlage für die Komposition diente wiederum O’Haras Gedicht Wind, welches er dem Komponisten gewidmet hat.
Eingefaßt von den zwei Lautsprechern, aus denen die von der Sängerin aufgezeichnete erste und zweite Stimme des Werkes tönen, blickt Manuela Klöckner-Marseglia konzentriert auf ihre Partitur. Vom ersten Ton an elektrisiert die Sopranistin mit klarer, vibratoloser Stimme ihr Publikum. Mit elegant sparsamem Dirigat verknüpft, verflicht in einer Art plastischer Verortung Manuela Klöckner-Marseglia ihr Singen mit den körperlosen Stimmen, von denen sie umgeben ist. Stets bildet die Solistin eine exakte Einheit in Zeit und dreistimmiger Intonation mit sich selbst. Langsam durchwandert das Klanggeschehen die gebetsmühlenartigen, textlosen Klangfelder. Dann, die ersten erkennbaren Worte aus dem Gedicht O’Haras, die sich wie ein Anker ins Bewusstsein graben. Umringt von Joan Mitchells großformatigen Farbfeldern intensivieren sich die Sinneseindrücke. Die Musik Morton Feldmans verlangt nicht nur der Solistin vollste Konzentration ab; Die Aufmerksamkeit und der Zusammenhalt derer, die hören wollten, bewahrte über 70 Minuten hinweg die Dichte und Balance der Athmosphäre.
Eines ist klar geworden: Für dieses Werk braucht es weit mehr als ein Gesangsstudium. Der starke Quellgrund von Virtuosität, künstlerischer Kraft und Präsenz, den äußerst subtilen Klang der Three Voices in allen seinen Facetten zu formen und einen Spannungsbogen über 70 Minuten auszudehnen und zu tragen, dabei im Fluss den Moment stets voll auszukosten,- dieser Quellgrund wirkt an diesem Abend als innewohnende, unbenannte Größe, bleibt Geheimnis der „Stimme“ Manuela Klöckner-Marseglia. Am Ende dauert die Spannung noch weit über den Klang hinaus an, bis die Zuhörer die Solistin mit überschwänglichem Applaus in die Wirklichkeit zurückholen. Noch auf dem Nachhauseweg klingen die Worte nach: Who'd have thought that snow falls
Julia Bleibler