Alan Fabian «Resonance» für Flöte mit digital bearbeiteten Flötenklängen (2006)
Wolfgang Fulda «flechtwerke[] mssq» für Klavier und Elektronik (2003)
Siegfried Koepf «For Alto Flute And Live-Computer» (2007-2008) - Uraufführung
Wolfgang Fulda «affect structures» für Stimme und Elektronik (2007-2008) - Uraufführung
Siegfried Koepf «Klavierstück Nr 4» (1993) und «Two different Pieces for piano» (1997-2006)
Alan Fabian «Objet rotatoire pour piano et CD» (2002)
«Resonance»
Komposition für Flöte mit digital bearbeiteten Flötenklängen (Echtzeit). «Resonance» wurde im April 2006 anlässlich des Jubliäumskonzertes «25 Jahre Ensemble Modern» im Auftrag von Dietmar Wiesner komponiert. «Resonance» ist die Bezeichnung für eine Gruppe von Kompositionen, die sich mit dem akustischen Phänomen der Resonanz beschäftigen. Resonanz wird erzeugt durch das angeregte Mitschwingen durch Schallwellen gleicher Schwingungszahl, dem Mittönen eines anderen Körpers oder
schwingungsfähigen Systems. In «Resonance für Flöte» regen Flötenklänge Frequenzen an, die für wiederum andere charakteristisch sind. Die Rolle des schwingunsfähigen Systems übernimmt dabei ein digitaler, klangsynthetisierender Vorgang. Einzelklänge sind innerhalb von bestimmten klanglichen Grundzuständen in Zusammenhang zueinander
gesetzt. Objekte, die, wie in einer Collage, aufeinander folgen. Nicht die Entwicklung von einem Klang zum Nächsten ist entscheidend, sondern die klangliche Ausgestaltung eines einzelnen Klangs, unabhängig vom darauf Folgenden. Die dabei entstehenden Klangobjekte stellen den musikalischen Zusammenhang her. Der akustische Raum, in dem diese Musik klingt, ist der des Treppenhauses der Fabrik des Ensemble Modern in Frankfurt, digital similuiert.
«Objet rotatoire pour piano et CD»
realisiert im Studio für elektronische Musik der Musikhochschule Köln. «Objet rotatoire», rotierendes Objekt, verbindet ein Rotationsprinzip mit dem sogenannten genetischen Algorithmus und ist das Produkt konsequent angewandter algorithmischer Komposition. Den genetischen Algorithmus habe ich in der Programmiersprache Common Lisp konzipiert und als Package in OpenMusic (IRCAM Software) implementiert. Die Rotation bestimmt den formalen Ablauf, die inhaltlichen Strukturen basieren auf
dem genetischen Algorithmus. Mit dieser Komposition beginnt mein eigentliches künstlerisches Forschen nach akustischem, künstlichen Leben. Das Darwinsche Modell der Evolution wende ich hier konsequent sowohl auf die elektroakustische Zuspielung, als auch auf den instrumentalen Part an. Der genetische Algorithmus erzeugt dabei
erstaunlich organische Interpolationen von einem Initialisierungs-Zustand (Initial-Population) und einem Ziel-Zustand (Fitness-Funktion). Selektion, Vererbung und Mutation spielen dabei von Generation zu Generation die entscheidende Rolle. Die resultierenden Daten werden durch ein Netzwerk von musikalischen Parametern geleitet
und entscheiden über kompositorische Details innerhalb dieses von mir streng determinierten Netzwerkes. Eine akustisch-virtuelle Installation möchte ich hier projizieren, in der ein Objekt rotiert und Leben innerhalb dieser objekthaften Skulptur simuliert wird. Künstliches Leben, elektroakustische Organismen, die über die Spannschrauben und Saiten im Klavier flitzen, ständig die Bewegungsrichtung ändernd, quatschend, kreischend, quitschend, kratzend und an den Metallteilen im Innenraum des Klaviers nagend, über die Saitenstege hüpfend und die Klangwelt des Klaviers assimilierend.
«flechtwerke[] mssq»
Verschiedene Sequenzen leiten sich ab aus einer phrygischen Skala, deren einzelne Stufen ihrem Konsonanzgrad gemäß gewichtet sind. Zum vorab aus einer Wahrscheinlichkeitsmatrix generierten Notentext für das Klavier mischen sich zusätzliche in Echtzeit nach denselben Bedingungen berechnete Stimmen.
«affect structures - components for a synthetic psychogram»
Die kleinen Polyphonien für Stimme mit live-elektronischen Kontrapunkten skizzieren Gefühlszustände, die sich – platonisch-pythagoreischer Tradition folgend – als spezifische Mischungen der vier Elemente und damit letztlich als Zahlenproportionen beschreiben lassen. Das Ausgangsmaterial einer diatonischen Skala auf d wird je nach Affekt unterschiedlich chromatisiert. Im Rahmen des jeweiligen Profils entscheidet das Programm über melodische Bewegung, Phrasenlänge, Rhythmik, Dynamik, Verzierung, Text etc.
«For Alto Flute And Live-Computer»
Die Komposition basiert auf der Analyse Thomas Freys Altflöte. Die Analyse bezieht sich auf die logischen Zusammenhänge zwischen der Klappenmechanik und den Tonlöchern bzw. den entsprechenden Rohrlängen des Instruments. Die Menge aller kombinatorischen Möglichkeiten bildet das Grundmaterial der Komposition, welches mittels verschiedener Filter- bzw. Sortieralgorithmen gesiebt und angeordnet und als Folge von Griffkombinationen dargestellt wird wobei jeder Griff mit gemeinsam erarbeiteten Spielanweisungen verknüpft wird. Diese Folge von Ereignissen wird vom Interpreten absolviert und vom Live-Computer aufgezeichnet. Das Signal wird vom Computer in einer Echt-Zeit-Prozedur wieder eingespielt wodurch ein siebenstimmiger Kanon entsteht.
«Two different Pieces for piano»
Eigentlich ist es offensichtlich: «Two different Pieces for piano» sind zwei Stücke und diese sind verschieden, das verrät der tautologische Titel. Dennoch, auf den zweiten Blick bleibt in gewisser Weise unentschieden, ob es sich hier wirklich um zwei Stücke handelt oder vielleicht doch nur um eins. Denn der materialimmanente formale Sinn von «Two different Pieces for piano» ist im wesentlichen symmetrisch auf beide Stücke verteilt und musikalisch offenbar nur im Ganzen darzustellen. Die den formalen Sinn repräsentierenden Informationen akkumulieren sich so erst im zeitlichen Verlauf zu einem möglichen Bild der Gesamtform (als würde die Kontur eines transparenten symmetrischen Gefässes sichtbar, während es über einen bestimmten Zeitraum gleichmässig mit einer Flüssigkeit gefüllt wird).
«Klavierstück Nr 4»
In den späten 1980er Jahre begann ich verschiedene Klassen von Klangstrukturen mit besonderen Eigenschaften als kompositorisch-harmonisches Material zu erforschen, zu beschreiben und zu berechnen. In KLAVIERSTÜCK NR. 4 werden beispielsweise harmonische Felder durchschritten, die spezifische Eigenschaften hinsichtlich des Verhältnisses von Tonhöhen- und Intervallvorrat aufweisen. Der Auffindung und Ausdifferenzierung derartiger Materialien gehen eine vollständige kombinatorische und verschiedene strukturelle Analysen des Tonhöhenmaterials im temperierten 12-Ton-System voraus.